• 0001.jpg
  • 0002.jpg
  • 0003.jpg
  • 0004.jpg
  • 0005.jpg
  • 0006.jpg
  • 0007.jpg
Lehmann Uhren

Ultrapräzisionsmaschinen von Lehmann stehen schon seit einiger Zeit in den Produktionshallen vieler Schweizer Uhren-Hersteller. Nun aber erfüllte sich der Unternehmenschef einen Traum und gründete eine eigene Uhrenmanufaktur. Seither kommen Nobelticker unter dem Markennamen „Lehmann“ auf den Markt. Die Fachpresse ist des Lobes voll. Wir blickten hinter die Kulissen und sprachen mit Markus Lehmann, dessen Leidenschaft die Präzision ist.

Wenn einem jungen Uhrenhersteller noch ein zugkräftiger Markenname fehlt, gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten: Entweder man entscheidet sich für einen französisch klingenden Phantasienamen, oder man kauft auf dem Markenfriedhof einen alten Namen, der sich reanimieren lässt und den Verbrauchern somit eine Tradition vorgaukelt, die es eigentlich gar nicht gibt.

Als der Schwarzwälder Unternehmer Markus Lehmann im Herbst 2011 eine neue Uhrenmanufaktur aus der Taufe hob, hätte er sich für eine dieser Strategien entscheiden können. Doch schon in einem frühen Stadium war ihm klar: Wo „Lehmann“ drin ist, soll auch „Lehmann“ draufstehen. Und somit schmückt seither der Nachname des uhrenbegeisterten Unternehmers die außergewöhnlichen Zeitmesser aus Schramberg. „Ich stehe mit meinem Namen für unsere Produkte. Und unsere anspruchsvollen Kunden schätzen das. Sie wissen: Es gibt einen Herrn Lehmann, aber eben keinen Herrn Rolex“, sagt der Schwarzwälder.

Uhren aus Schramberg? Wer die Branche ein wenig kennt, der denkt, wenn er den Namen dieses kleinen Städtchens hört, sofort an Junghans – einst der größte Uhrenproduzent der Welt, der vor wenigen Jahren beinahe vom Markt verschwunden wäre. Mit Junghans hat die Firma „Lehmann Präzisionsuhren“ zwar nichts zu tun. Aber dennoch gibt es einen Berührungspunkt: Die noch junge Manufaktur hat ihren Sitz in einem alten, denkmalgeschützten Gründerzeitgebäude in bester Halbhöhenlage mit traumhaftem Blick auf das Städtchen Schramberg und den Schwarzwald. Gut Berneck heißt diese Top-Immobilie mit edelster Ausstattung. Arthur Junghans ließ sie 1911 errichten und wohnte dort viele Jahre. Durch die Fenster seines Büro blickte er auf die Produktionsstätten seines kleinen Uhren-Imperiums auf der anderen Seite der Stadt.

Fenster Datum
Fenster Datum

Wie Lehmann tickt

Bei Lehmann tickt man ein wenig anders. Nicht nur, wenn es um den Markennamen geht. „Andere investieren hohe Summen in Testimonials, wir investieren in Präzision“. Da ist es – das Stichwort, das sich wie ein roter Faden durch die Unternehmensphilosophie von Markus Lehmann zieht. Um das zu verstehen, muss man von Schramberg aus ein paar Kilometer weiter in die Gemeinde Hardt fahren. Dort hat die Firma „Lehmann Präzision GmbH“ ihren Sitz. Sie liefert auch das wirtschaftliche Rückgrat für die Uhrenmanufaktur.

Wenn Markus Lehmann über die Kernkompetenzen seines Unternehmens berichtet, dann schwärmt er zum Beispiel von luftgelagerten Hochfrequenzspindeln, von extremer Präzision im Tausendstel Millimeter-Bereich sowie von den vielen anspruchsvollen Lösungen, die seine Firma für die Luft- und Raumfahrt, die optische Industrie und natürlich für die Uhrenbranche liefert. Seine Ultrapräzisionsmaschinen stehen bei den führenden Uhrenherstellern in der Schweiz. Die bekanntesten und größten Marken zählen zu Lehmanns Kunden. Nur Namen nennen, darf er nicht. Aber es bedarf gewiss keiner vertieften Branchenkenntnisse, um zu erahnen, wer gemeint ist.

Markus Lehmann ist alles andere als ein Newcomer in der oftmals sehr eigenwilligen und verschlossenen Uhrenbranche. Er arbeitete unter anderem bei IWC unter der Ägide des legendären und leider viel zu früh verstorbenen Direktors und Konstrukteurs Günter Blümlein. Später war er für Ronda tätig, einen Schweizer Hersteller von Quarz-Uhrwerken. Dort arbeitete er als Geschäftsführer. Im Jahr 1998 erwarb er dann von seinem Vater die Firma „Lehmann Präzision“, die damals sieben Mitarbeiter hatte. Heute sind es rund 100.

Ein Traum wird Wirklichkeit

Tourbillon
Tourbillon

„Ich hatte schon immer den Traum, eigene Uhren herzustellen. Ab dem Jahr 2009 wurde dieser Traum dann Stück für Stück Realität“, erinnert sich Lehmann. Zunächst habe er nur nach Feierabend getüftelt, später ein kleines, aber leidenschaftliches Team zusammengestellt und die ersten Muster gefertigt. Als es darum ging, die Basiswerke für die neuen Uhren zu entwickeln, sicherte sich Lehmann die Expertise des Konstrukteurs Andreas Strehler und der Manufacture Horlogère de la Vallée de Joux (MHVJ). Im Oktober 2011 hieß es dann „Vorhang auf“ für die ersten Modelle aus der Schramberger Manufaktur. Es traten auf: Eine eher dezente Dreizeiger-Uhr mit Fensterdatum, eine Uhr mit Zeigerdatum, ein Modell mit kleiner Komplikation (Gangreserve) und in der Paraderolle ein Tourbillon mit dezentriertem Zeigerwerk. Alle Modelle tragen den Namen Intemporal und sind mit anthrazitfarbenen, blauen und weißen Zifferblättern erhältlich. Im Inneren ticken die Automatikkaliber LS0003/0004. Was den Rädersatz angeht, greift man bei Lehmann auf eine bewährte Konstruktion aus der Schweiz zurück, doch das ist bei einem Blick durch den Saphirglasboden kaum wiederzuerkennen. Die Werke werden mit vielen Lehmann-spezifischen Komponenten aufbereitet. Allein in die gravierte Werkbrücke investiert die Manufaktur nicht weniger als 25 Bearbeitungsschritte.

Für das Grundmodell muss der Uhrenfreund 6250 Euro investieren, das Tourbillon mit rotgoldenem Gehäuse sollte dem Käufer knapp 90000 Euro wert sein. Für das Tourbillon mit Platingehäuse werden dann schon 122000 Euro fällig. Keine Frage, es handelt sich um „Investment-Uhren“, also um Preziosen, die nicht nur die Zeit anzeigen, sondern wahre Werte repräsentieren. Nicht von ungefähr wirbt Lehmann augenzwinkernd mit dem Slogan „Hier eine der letzten Investitionsmöglichkeiten vor der Schweizer Grenze“.

Da erscheint die Frage berechtigt, ob sich das Investment in eine so junge Marke unter Kapitalanlage-Aspekten wirklich lohnt. Tatsächlich ist die spektakuläre Preisentwicklung bei Uhren von Rolex und Patek Philippe nicht zuletzt den starken Marken geschuldet. Überall auf der Welt steht zum Beispiel der Markenname „Rolex“ synonym für teure Luxusuhren. Den Namen Lehmann kennen derzeit vor allem Uhren-Connaisseurs. Obwohl die Marke noch weitgehend unbekannt ist, konnte die Manufaktur allerdings im Fernen Osten schon mehrere Modelle verkaufen. „Qualität spricht sich eben herum“, freut sich Markus Lehmann.

Mit einem zugkräftigen Markennamen kann Lehmann noch nicht punkten, auch nicht mit einer langen Historie wie zum Beispiel Lange & Söhne oder Vacheron Constantin. Deshalb setzt man im Hause Lehmann auf extreme Präzision und eine bisweilen schon obsessiv anmutende Liebe zum Detail. In dieser Hinsicht sind die Zeitmesser aus der Manufaktur Lehmann vielen bekannten Luxusmarken aus der Schweiz und Glashütte überlegen. „Ich liebe die Herausforderung, sehr viel Handarbeit in unsere Uhren zu stecken. Ich liebe die edlen Materialien, die wir verwenden, und das harmonische Design“, schwärmt Markus Lehmann.

Zeiger Datum
Zeiger Datum

Dazu gehört für ihn die perfekte Gravur. Die Brücken sind mit Lehmann-Ornamenten verziert, die mit einer selbst entwickelten Ultrapräzisionsfräsmaschine hergestellt werden, deren Genauigkeit und Maßhaltigkeit nach Unternehmensangaben einzigartig sind auf der Welt. „Eine perfektere Gravur finden Sie nirgends“, gibt sich Lehmann selbstbewusst.

Feinmechanische Raffinesse und Liebe zum Detail

Die Manufaktur stellt die Grundplatine, die Federhausbrücke, die Räderwerksbrücke und den Unruhekloben selbst her. „Dabei fließt natürlich das gesamte Know-how unseres Stammwerks ein“, betont Lehmann. „Denn die ultrapräzise Bearbeitung von Werkstücken im Tausendstel Millimeter-Bereich ist unser Metier“. Davon sollen die Liebhaber komplizierter Uhren profitieren. Damit der stolze Eigentümer einer Lehmann-Uhr gleichsam mit den Augen auf dem hochwertig aufbereiteten und dekorierten Werk spazieren gehen kann und keine Schwungmasse den Durchblick stört, erhalten die Zeitmesser von Lehmann einen Saphirkristallglas-Rotor, patentiert von Vianney Halter.

Das Rotoraufzugsgewicht mit seinen schönen Linienmustern und dem reliefartigen Lehmann-Schriftzug wird ebenfalls inhouse angefertigt. Erwähnenswert ist ferner die versenkbare Aufzugskrone. Damit nicht genug. Auch Zifferblätter, Zeiger und Stundenindexe kommen aus der eigenen Manufaktur. „Das alles können Sie in Fernost für ein paar Euro einkaufen. Wir tun das nicht. Und das macht unsere Marke besonders werthaltig“, versichert Lehmann. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, unterhält die Firma eine eigene Galvanik-Abteilung. Alle Lehmann-Uhren werden darüber hinaus in Glashütte einer Chronometerprüfung unterzogen.

Mein Fazit: Aufgrund der geringen Markenbekanntheit zählt Lehmann derzeit sicher noch zu den „Nebenwerten“. Angesichts der großen Fertigungstiefe aber erscheinen die Preise – vor allem für die Edelstahlmodelle – durchaus vertretbar. Wie sich die Preise dieser Zeitmesser mittel- bis langfristig entwickeln werden, kann bei einer so jungen Marke kaum seriös prognostiziert werden. Insofern bleibt für Kapitalanleger der Kauf einer Lehmann-Uhr spekulativ. Ein extrem präzises Schmuckstück, in dem sehr viel uhrmacherische Leidenschaft steckt, erwirbt man auf jeden Fall.

Bilder: Lehmann Uhren