Die kleine Schweizer Uhrenmarke Epos ist in Deutschland kaum bekannt. Das Hauptgeschäft machte dieses familiengeführte Unternehmen bisher in Asien und Russland. Doch nun sollen auch deutsche Uhren-Gourmets auf den Geschmack kommen. Die Spezialität des Hauses sind mechanische Uhren mit Komplikationen zu fairen Preisen. Am Firmensitz in Lengnau trafen wir den Inhaber und Geschäftsführer Tamdi Chonge.
In der Uhrenbranche ist er seit vielen Jahren kein Unbekannter: Tamdi Chonge arbeitete früher für bekannte Marken wie Fortis und den zur Swatch-Group gehörenden Hersteller Certina. Doch augenzwinkernd nennt er sein ganz persönliches Alleinstellungsmerkmal: Er sei wahrscheinlich der einzige Tibeter, der eine leitende Funktion in der Schweizer Uhrenindustrie bekleide. Ihm und seiner Frau Ursula Forster-Chonge gehört seit 2002 eine kleine, aber feine eidgenössische Uhrenmarke. Tamdi Chonge ist Geschäftsführer der Montre Epos SA in Lengnau, unweit von Grenchen gelegen, wo einige der bekanntesten Schweizer Uhrenmarken ihren Hauptsitz haben.
Es gibt Uhrenfreunde, die bezeichnen Epos als eine der am meisten unterschätzten Uhrenmarken im mittleren Preissegment. Unbestritten ist: Wer sich für einen Zeitmesser aus diesem Haus entscheidet, profitiert von einem wirklich fairen Preis-/Leistungsverhältnis. Das entspricht der Marken-Philosophie: Man will hochwertige mechanische Uhren zu erschwinglichen Preisen anbieten. „Unsere Uhren bewegen sich preislich zwischen 700 und 3000 Euro“, sagt Tamdi Chonge, den wir am Unternehmenssitz in Lengnau besuchten.
Keine Private Lable-Uhren mehr
Aber es gibt auch nicht wenige Uhrenfreunde in Deutschland und Österreich, die noch nie von dieser Marke gehört haben. Was nicht überraschen kann, schließlich machte sich Epos in den vergangenen Jahren in erster Linie in Asien einen Namen. Den europäischen Markt belieferte das Unternehmen früher vor allem mit sogenannten Private Lable-Uhren, das heißt, die Zeitmesser kamen unter einem anderen Namen auf den Markt. Das soll nun anders werden: „Wir haben die Private Lable-Produktion komplett eingestellt und wollen Epos auch in Deutschland und Österreich deutlich stärker positionieren“, beschreibt Chonge die Unternehmensstrategie.
Gemessen an der Tradition anderer Schweizer Uhrenhersteller ist die Marke Epos noch sehr jung. Sie wurde im Jahr 1983 von Peter und Erna Hofer gegründet. Der Zeitpunkt überraschte, schließlich befand sich die Schweizer Uhrenindustrie damals in einer tiefen Krise, und mechanische Zeitmesser schienen keine Zukunft mehr zu haben. Die Quarzwelle überrollte den Markt. Selbst namhafte Schweizer Hersteller versuchten verzweifelt, Marktanteile zu sichern, indem sie ebenfalls Quarzuhren produzierten. Unbeeindruckt davon hielt das Ehepaar Hofer konsequent an mechanischen Uhren fest. „Hofer sagte damals klipp und klar: Trotz der augenblicklichen Quarz-Euphorie wird die mechanische Uhr eine Zukunft haben", erinnert sich Tamdi Chonge. Eine sehr weitsichtige Markteinschätzung, wie wir heute wissen.
In Zusammenarbeit mit renommierten Ateliers im Vallée de Joux und dem Uhrenexperten Jean Fillon entstanden vor allem Drei-Zeiger-Uhren mit bemerkenswerten Komplikationen. Knapp 20 Jahre nach Gründung der Montres Epos SA suchte das Ehepaar Hofer einen würdigen Nachfolger – und fand ihn im Ehepaar Chonge. Eine ideale Lösung, denn auf diese Weise blieb Epos ein reines Familienunternehmen. Und daran dürfte sich sobald nichts ändern, denn mit Tochter Dawa Jessica Chonge und Sohn Singi Chonge steht die nächste Generation schon bereit, um eines Tages die Geschicke der Uhrenmarke zu lenken.
Vertikales Groß-Datum
„Unsere Philosophie ist klar: Wir wollen keine 08/15-Uhren. Wir machen manches eben ein wenig anders“, sagt Unternehmenschef Tamdi Chonge. Etwas anders macht man in den Ateliers von Epos zum Beispiel das Großdatum. Dabei erscheinen die Ziffern vertikal im Fenster auf dem Zifferblatt. „Grand Date Vertical“ heißt diese Uhr, die zu den bekanntesten der Marke zählt. Sie beruht auf einer Konstruktion nach historischen Plänen von Venus SA, die man bei Epos modifiziert. Tamdi Chonge zeigt uns skelettierte Uhren von filigraner Anmutung, die entweder von Handaufzugs- oder Automatik-Kalibern angetrieben werden – zu Preisen ab etwa 1400 Euro.
Vor einigen Monaten brachte Epos zudem die Referenz 3420 auf den Markt. Eine Dreizeiger-Uhr mit Datum, die durch ihr zurückhaltendes Design überzeugt und mit einem Gehäuse-Durchmesser von 40 Millimetern einerseits nicht zu klein ist, aber trotzdem elegant wirkt. Die Edelstahl-Variante dieser Referenz, in der ein ETA 2892-Werk tickt, bekommt der interessierte Uhrenfreund noch für unter 1000 Euro. Für eine Automatikuhr aus der Schweiz sicher ein fairer Preis.
Zu den bekanntesten Modellfamilien der Marke Epos gehört ferner die Handaufzugsreihe (Unitas 6498) „Sophistiquée“, die mit unterschiedlichen Komplikationen erhältlich ist, unter anderem mit dem erwähnten Großdatum. Viele Uhrenfreunde verbinden diese kleine Marke auch mit der „Jumping Hour“ aus der Reihe „Passion“. Chef-Uhrmacher Bernhard Kocher zeigte uns schließlich die vor allem für den asiatischen Markt konzipierte „Berguhr“ – mit Schweizer Alpenpanorama auf dem Zifferblatt und Vollkalender.
Werkveredelung ist wichtig für Epos
Was die Werke angeht, setzt Epos auf bewährte ETA-Technik, insbesondere auf die Werke 2892, 6498 (Unitas) und Peseux sowie auf Sellita-Werke (ebenfalls „Swiss made“). Wichtig sei die Veredelung der Werke, darauf habe bereits sein Vorgänger Peter Hofer großen Wert gelegt. Deshalb verfügten auch rund 90 Prozent der Herren- und Damenuhren sowie der Taschenuhren der Marke über einen Glasboden, durch den der stolze Träger die aufwändige Dekoration des Uhrwerks bewundern kann.
Das soll nun in zunehmendem Maße auch deutsche Uhrenfreunde überzeugen: „Wir sind mit unserer Marke traditionell in Asien sehr stark vertreten, auch in Russland und zum Beispiel in Polen. Deutschland war bisher recht schwach“. Doch das soll sich bald ändern, verspricht Tamdi Chonge.
Bilder: Montres Epos SA