Es ist nicht überliefert, welche Uhr der frühere Bundeswirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard trug. Fest steht immerhin, dass sich der „Vater des deutschen Wirtschaftswunders“ für die Schwarzwälder Qualitätsmarke Stowa interessierte. So gibt es Fotos, auf denen Ludwig Erhard zu sehen ist, wie er sich neugierig über eine Kollektion von Stowa-Uhren beugt, die auf der Hannovermesse ausgestellt wurde. Der Unternehmensgründer hatte seinen Uhren den bis heute erhaltenen Markennamen gegeben.
Stowa steht für Storz, Walter. Doch reüssierten diese Zeitmesser nicht erst in den deutschen Wirtschaftswunderjahren, obgleich der Hersteller in dieser Zeit mit zahlreichen vielbeachteten Innovationen überraschte.
So präsentierte Stowa 1970 zum Beispiel den kleinsten Wecker der Welt.
Walter Storz war Unternehmer und Uhrmachermeister – und beides mit beinahe unglaublicher Passion. Dies dürfte vermutlich der Schlüssel seines Erfolgs gewesen sein. Die Branche war Walter Storz durchaus bekannt, als sich der damals 21jährige 1927 in den Räumen seines Großvaters in Hornberg (Kinzigtal) selbstständig machte. Schließlich stellte sein Opa schon seit vielen Jahren Großuhren her. Walter Storz baute in den Folgejahren systematisch gute Kontakte zur Schweizer Uhrenindustrie auf. Vor allem mit Paul Tissot unterhielt er freundschaftliche Kontakte. In den 1930er Jahren eröffnete Storz seine neue Produktionsstätte in Pforzheim, damals das Zentrum der Deutschen Uhrmacher- und Goldschmiedekunst. Taschen- und Armbanduhren von hoher Qualität zu fairen Preisen herzustellen – das war das Ziel von Stowa. Tatsächlich galten die Uhren aus dem Hause Stowa als sehr ganggenau und robust.
Wehrmacht als Großkunde
Schon bald gewann das Pforzheimer Unternehmen einen anspruchsvollen Großkunden: Die deutsche Wehrmacht orderte bei Walter Storz Flieger-, Marine- und Beobachtungs-(B-)Uhren. Stowa gehörte zu den wenigen Herstellern, die in den 1940er Jahren die Wehrmacht mit Fliegeruhren beliefern durften (lesen Sie hierzu auch unser Special „Fliegeruhren“ im hinteren Teil dieses Buches). Um den Vorgaben der Militärs gerecht zu werden, setzte Storz auf Schweizer Qualität und baute das Unitas-Werk 2812 ein. Stowa-Fliegeruhren mit diesem Werk sind heute gesuchte Raritäten und erzielen auf Auktionen Spitzenpreise.
Von der legendären Fliegeruhr abgesehen, ließ Storz vor allem Werke von Durowe („Deutsche Uhren-Roh-Werke“) in seine Uhren einbauen. Durowe gehörte damals Ludwig Hummel, dem langjährigen Eigentümer des Storz-Konkurrenten Lacher & Co (Laco). Die konsequente Qualitätsorientierung der Firma Stowa wurde seinerzeit von der gesamten Branche anerkannt. So konstatierte die Neue Uhrmacher-Zeitung im Jahr 1956: „Langjährig bei Stowa tätige, gewissenhafte Fachleute und sorgfältig geschulter Nachwuchs bieten auch heute die Gewähr für beste Qualitätsarbeit“.
Doch nicht nur die Ganggenauigkeit der Stowa-Uhren überzeugte viele Kunden im In- und Ausland, auch mit ihrem Design konnten sie punkten. Schon in den 1930 Jahren präsentierte das Unternehmen mit einer Uhr im sogenannten Bauhaus-Stil einen Design-Klassiker, der bis heute unter dem Namen Antea von Stowa verkauft wird. Später stellte Stowa zudem Schmuck- und Quarzuhren her.
Es waren eben diese Quarzuhren und die billige Konkurrenz aus dem Fernen Osten, die dem Unternehmen, das ab den 1960er Jahren von Werner Storz, dem Sohn des Firmengründers, geleitet wurde, zunehmend Probleme bereiteten. Im Jahr 1971 bildete Stowa daher mit fünf anderen Pforzheimer Uhrenfabriken, die heute kaum noch bekannt sind, eine Kooperation gegen die problematische Marktlage infolge der Einführung der Quarzuhren.
Die Ära Jörg Schauer beginnt
So gelang es Werner Storz, das Unternehmen fortzuführen und 1996 an den gelernten Goldschmied Jörg Schauer zu verkaufen. Schauer, der neben Stowa eine Luxusuhrenmarke unter eigenem Namen anbietet, setzte nach der Übernahme des traditionsreichen Herstellers weiterhin konsequent auf mechanische Uhren im mittleren und gehobenen Preissegment. In Schauers neuem, 2009 eröffneten Firmengebäude in Engelsbrand bei Pforzheim ließ der neue Eigentümer als Referenzerweis gegenüber der großen Traditionsmarke der deutschen Uhrenbranche ein vielbeachtetes Stowa-Museum einrichten. Als die Marke Stowa 2017 ihr 90jähriges Bestehen feierte, konnte Jörg Schauer mit Recht darauf verweisen, dass nur ganz wenige deutsche Uhrenhersteller auf eine so lange und ununterbrochene Geschichte zurückblicken können.
So überrascht es nicht, dass sich in der aktuellen Kollektion von Stowa die Geschichte der Marke widerspiegelt. Bei den Kunden beliebt sind vor allem die an ihre historischen Vorbilder gemahnenden Fliegeruhren. Stowa gehört zu den größten Fliegeruhrenherstellern und baut seit 1997 wieder seine charakteristischen Uhren in verschiedensten Ausführungen – entweder klassisch mit Handaufzugswerk oder aber als Automatikuhr und sogar als Chronograph. Die Fliegeruhren gibt es als Baumuster A und B (siehe Kapitel „Fliegeruhren“) und in verschiedenen Gehäusegrößen (36 bis 43 Millimeter). Im Jahr 2015 brachte Stowa die Fliegeruhren „Klassik Sport“ auf den Markt. Sie sind allesamt mit dem robusten ETA-Automatikkaliber 2824-2 ausgestattet, das in einem 43-Millimeter-Gehäuse seine Arbeit verrichtet.
Neben dem Frankfurt Uhrenhersteller Sinn produziert aktuell nur Stowa Fliegeruhren nach dem neuen Testaf-Standard. Dieser stellt hohe Anforderungen an die Funktionalität, die Widerstandsfähigkeit gegen äußere Belastungen und die Sicherheit sowie Kompatibilität der Fliegeruhr. Stowa bietet seine Fliegeruhren Testaf TO1 und Flieger TO2 mit diesem Standard an.
Wie erwähnt, befindet sich auch der Bauhaus-Design-Klassiker von Stowa nach wie vor in der Kollektion. Unter der Bezeichnung „Antea back to Bauhaus“ ließ Jörg Schauer die klassische Antea modernisieren. Die neue Antea-Linie entstand in Zusammenarbeit mit dem bekannten Designer Hartmut Esslinger. Er verwendete eine Schrift, die ihren Ursprung in der Zeit des Bauhauses hat. „Die Uhr wirkt dadurch frischer und moderner“, freut sich Jörg Schauer.
Bei den Freunden der Marke begehrt sind darüber hinaus die an die klassischen Beobachtungs- oder Deckuhren angelehnten Marine Zeitmesser. Sie sind mit Handaufzug (mit der klassischen Kleinen Sekunde bei 6-Uhr) und mit Automatikwerk sowie als Chronographen erhältlich.
Rana – Topmodell mit Details aus Glashütte
Klassische sportliche Chronographen, das Modell Partitio mit der charakteristischen feinen Zifferblattskalierung sowie die robusten Sportuhren (Seatime, Prodiver und die Black Forest Limited mit ihrer Dynadots Lünette) komplettieren die Stowa Kollektion. Etwas aus dem Rahmen fällt schließlich die Modellreihe Rana, von der Jörg Schauer sagt, sie sei die aufwändigste Uhr, die Stowa je gebaut habe. Auch sie entstand in Zusammenarbeit mit Hartmut Esslinger.und verfügt über eine Chronometerprüfung. Wer sich auskennt und einen Blick ins Werk wirft (ETA 2824-2) entdeckt dort ein Detail „made in Glashütte“: die von Mühle/Nautische Instrumente entwickelte Spechthalsfeinregulierung, eine verbesserte Variante der bekannten Schwanenhaltsfeinregulierung. Die Rana-Modelle fallen auch preislich etwas aus dem Rahmen der Stowa-Kollektion. Wer sich für eine solche Uhr entscheidet, muss zwischen 3.800 und 4.400 Euro zahlen. Die übrigen Stowa-Edelstahluhren bekommt man teilweise schon für deutlich unter 1.000 Euro, die meisten Zeitmesser der Schwarzwald-Marke liegen preislich zwischen 1.000 und 2.000 Euro.
Bilder: Stowa